Lieblingsauszüge aus meinen Büchern

Das Essay

 

 

»Jede Krise ist ein Geschenk des Lebens, 

an einen lernenden Menschen.«

 

©Amadis Amarrés

 

 

(Dieses Kapitel entstand zu Beginn der Pandemie)

 

Liebe, Mut & Mitgefühl!

 

   Tatsächlich finden wir uns zuweilen in Lebenslagen wieder, die uns nicht besonders behagen. Von denen wir gar nicht wissen, wie wir da hineingeraten sind. In solchen Situationen fühlt es sich an, als wäre man soeben im Nirgendwo gestrandet. Zeiten wie diese verunsichern zusätzlich. Schlimmstenfalls wecken sie in uns diffuse Ängste. Auf unserem Lebensweg begleiten uns etliche Stürme und Krisen bis zu unserem Lebensende. Früher oder später sind wir alle, dereinst von einer Lebenskrise betroffen. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst zu machen. Entscheidend ist nicht, wie wir eine Krise bewältigen, sondern, dass wir sie bewältigen!

 

   Eine Glücksformel, um mit den Herausforderungen, die uns das Leben stellt, umzugehen und uns gestärkt aus ihnen hervorgehen lässt, lautet: Glücklich mit Liebe, Mut & Mitgefühl leben! Zu Beginn einer jeden Krise bedeutet es vor allem eines, sich ihr zu stellen. Die Krise anzunehmen. Erst wenn wir etwas annehmen, können wir darangehen, damit umzugehen. Dazu gehören, Kraft, Entschlossenheit, Geduld, gute Nerven und letztlich Mut. Sämtliche Vorgänge werden gesteuert und beherrscht von unseren Gefühlen. Ein jedes dieser Gefühle hat seine Berechtigung. Dies trifft für die Schönen und guten Gefühle zu. Diese spornen uns an und beflügeln uns. Gesellen sich Glücksgefühle hinzu, erzeugen diese die viel zitierten Schmetterlinge im Bauch. Glücklicherweise gehören auch jene Gefühle dazu, die uns eher Angst und Kummer bereiten. Gefühle, die uns manchmal traurig, oft auch unglücklich stimmen. Dessen ungeachtet glücklicherweise! Weil wir gerade aus jenen Gefühlen am meisten an Erfahrung, Erkenntnis und Einsicht gewinnen. Im Endeffekt gewinnen wir an Stärke. Dementsprechend sind Krisen wertvoll für unser Leben und unsere Zukunft. Im Leben gehören Momente des Misserfolgs mit zum Erfolg, wie der Schatten zum Licht. Was entscheidet zwischen Erfolg oder Scheitern?

   Wie wir unser Leben meistern oder Krisen bewältigen, hängt nicht allein vom Zufall ab. Einigen Menschen gelingt es besser, mit Krisen umzugehen. Sie sind wie der allgegenwärtige Begriff besagt; resilient. Was nichts anderes meint wie: robust, belastbar, taff (tough), der Volksmund nennt es, hart gesotten! Dies betrifft etwa ein Drittel der Menschen. Sie können einfach besser mit sogenannten Schicksalsschlägen oder Krisen umgehen. 

   Zwei Drittel, also eine Mehrheit, zu der auch ich gehöre, muss mühsam lernen, damit besser oder anders umzugehen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, es ist dessen ungeachtet möglich, Krisen zu bewältigen. Und diese dahingehend zu nutzen, um an ihnen zu wachsen. Wie auch immer, manchmal benötigt dies eine gehörige Portion Glück, in jenen Lebensabschnitten die richtigen Menschen, um sich zu haben. Bedauerlicherweise ist dies nicht immer der Fall, oder möglich! Krisen sind fast immer Zeiten des Umbruchs. Sie beinhalten oft die Chance, unsere Weichen neu zu stellen, um neue Wege einzuschlagen. Auf unserem Lebens-Pilgerweg kommen wir alle einmal an den Punkt, an dem wir zweifeln und uns nach dem Sinn unseres Lebens fragen. Es tauchen Fragen auf wie: Was ist meine Bestimmung im Leben? Will ich das oder jenes wirklich weiter verfolgen? Wo stehe ich hier und heute in meinem Leben? Nur wer seinen Lebensweg stetig, Schritt für Schritt abwandert, kommt zu möglichen Antworten. Dies gehört zum Menschsein dazu. Wir alle erleben Situationen, wie eine verpatzte Prüfung, einen Jobverlust, eine schwere Erkrankung, eine plötzliche Trennung. Manche erleben Gewalt, einen heftigen Unfall, den Verlust eines geliebten Menschen. Dies sind Konstellationen, die uns zutiefst erschüttern und bewegen. Sie treffen uns besonders hart, wenn wir eben das Gefühl hatten, dass unser Leben gerade noch in geordneten Bahnen verlief. Am härtesten ist es, wenn schon einiges in Schieflage geraten ist. Wenn eh keine überflüssige Kraft oder Reserven vorhanden sind und dann noch ein harter Schlag hinzukommt. Bekanntlich treffen uns solche Ereignisse ohnehin ohne Ankündigung. Insbesondere in unseren Gesellschaften, in denen wir dem Anschein nach alles kontrollieren können, alles kontrollieren wollen. Alles in unseren Leben wird optimiert. Unsere Freizeit ist bis zur letzten Minute verplant und getaktet. Fitness Armbänder und Apps herrschen nicht nur über unseren Körper, sondern auch über unseren Alltag, unsere Freizeit, unser Leben. Das Smartphone besitzt inzwischen die absolute Befehlsgewalt, dies auf vielschichtige Weise. In unserem heutigen Verständnis von Freiheit beanspruchen wir die Kontrolle über unser Leben. Das gibt uns ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Sind wir gezwungenermaßen gehalten, die Kontrolle abzugeben, fühlen wir uns fremdbestimmt. Dagegen steht in großem Widerspruch, dass wir die Kontrolle an das Smartphone freiwillig abgeben. Nur das diese Kontrolle nicht in diesen kleinen attraktiven und talentierten Geräten endet. Am anderen Ende stehen Weltkonzerne, die einiges mit uns und unserem Leben generieren. Das geringste davon ist unser Geld. In Tat und Wahrheit beraubt es uns im Verborgenen sukzessive unserer Freiheit, somit sind wir in letzter Konsequenz unfrei.

   Die Begleitumstände haben in den letzten Jahren, verstärkt durch die Pandemie, zusätzlich viele von uns aus der Bahn geworfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese bedrückenden, einengenden, freiheitsraubenden Situationen bei vielen, psychosomatische Reaktionen, Burn-outs oder Depressionen auslösen, ist dementsprechend gegeben. Die Corona-Krise beeinflusste unser Leben erheblich. Uns fehlten die sozialen Kontakte! Zusätzlich waren so gut wie alle lebensbejahenden Zerstreuungen nicht mehr möglich. Genau genommen ganz normale Dinge wie; schön Essen gehen, Familienfeiern, Kino, Theater, Wellness, Schwimmen, Konzerte, Reisen, Feierlichkeiten. All jenes was unser Leben lebenswert, abwechslungsreich macht, es verschönert, sie waren nicht, nur zeitweise oder nur stark eingeschränkt möglich. Zudem schwebte über allem, bewusst oder unbewusst, dieses Damoklesschwert Namens »Corona«. All dies hinterlässt, und erzeugte eine um sich greifende allgemeine Erschöpfung. 

Heute sind wir bei genauerer Betrachtung alle im Kollektiv posttraumatisiert. Wir sind wütend, wir sind in einer wahrhaftigen Trauerphase. Wir haben drei unruhige Jahre hinter uns, die wirklich schwierig waren. Wir reden aber nicht darüber. Wir tun so, als hätte es das nie gegeben. Manche erlebten zum ersten Mal Todesangst in ihrem Leben. Aber darüber sprechen wir nicht. Wir sind erzürnt und in dieser Wut Phase fangen alle an, auf ihre Art durchzudrehen. Einige zetteln Kriege an, grenzen aus und geben allem die Schuld nur nicht dem Hauptgrund, der globalen Traumatisierung. Mit der Pandemie, aber besonders, nach der Pandemie haben wir unser Gefühl von Sicherheit verloren. Die Gewissheit das wir Menschen alles beherrschen, alles leisten können. Und dann kam diese ernüchternde Erkenntnis, diese Sicherheit gab es nie und wird es nie geben. Jeder reagiert anders auf ein Trauma. Einer der vielen Gründe, weshalb sich die Welt gerade spaltet. Aber wir nennen uns zivilisiert, dann sollten wir uns auch nach diesen Grundsätzen verhalten. Denn eine Zivilisation ist dazu da, dass sie sich gegenseitig Grenzen setzt, genau das nennt man Zivilisation. Es ist Zeit, dass an den Tag zu legen, was uns Menschen letzten Endes ausmacht, die Menschlichkeit.

  Inzwischen ist diese kollektive Erschöpfung, schlicht eine Tatsache, die Ärzte und Wissenschaftlerinnen zunehmend beunruhigen. Die Zwänge, die heute alle Bevölkerungsschichten belasten, erzeugen ein Gefühl allgemeiner Erschöpfung. Doch was ist »normale« Müdigkeit und wann beginnen die Anzeichen von Burn-outs? Gewöhnlich tritt Müdigkeit nach körperlicher oder geistiger Anstrengung auf. Nach einer Wanderung beispielsweise, fühlen wir uns müde und erschöpft, dessen ungeachtet ist es »gute Müdigkeit«. Diese Art der Ermüdung führt zu einer gesunden Ruhefähigkeit. Das Ergebnis ist ein erholsamer Schlaf. Was verstehen wir dagegen unter »schlechter Müdigkeit?« Sogenannte »schlechte Müdigkeit« bietet uns keine Erholung oder seelische Ruhe. Wir fallen beispielsweise müde und erschöpft ins Bett und kriegen trotzdem kein Auge zu. Am nächsten Morgen fühlen wir uns beim Aufstehen bereits wieder müde und abgespannt! Diese Situation tritt im Besonderen in Verbindung mit Stress, Disharmonie und Überforderung und Ähnlichem auf. In der heutigen globalen Situation mit ihren vielen Krisen verstärkte die Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen diese sozialen Phänomene beträchtlich. Was wir gerade erleben, entspricht einem explosiven Cocktail. Die gesundheitliche Sachlage bestimmt und prägt die beruflichen und familiären Situationen beträchtlich. 

   Bekanntlich lassen sich Krisen nicht einplanen. Lebens-Krisen erst recht nicht. Gleichwohl gehören sie zum Leben, wie das Atmen. Wenn wir lernen, mit Krisen besser umzugehen, oder zumindest anders damit umzugehen, gelingt es uns manche von ihnen leichter zu überwinden. Die Fähigkeit, eine Krise zu bewältigen ist nicht einfach, dennoch nicht unmöglich. Ein wichtiges Element spielt dabei die Zeit. Gewisse Krisen beanspruchen schlicht ihren Raum in unserer Seele, sie fordern damit Geduld mit uns selbst. Hierdurch erhalten erfahrener Schmerz, Verletzungen und Ängste ihre Zeit, um Heilung zu finden. In der Tat gibt es einige Regeln und Kniffe, wie wir Krisen besser überwinden. Einige davon mögen überraschen, wie eine der wohl stärksten Waffen gegen eine Krise, der Humor. Das treffendste Beispiel ist ein Leichenmahl. Die meisten von uns kennen dieses gesellige Beisammensein nach einer Beisetzung. Gewiss dieser Anlass hat nichts Erheiterndes, dessen ungeachtet wird bei dieser Gelegenheit oft und gerne gelacht. Der humorige Austausch mit anderen Trauernden kann bei der Trauerbewältigung helfen. Nicht selten ist es ein erster, wichtiger Schritt in der Trauerarbeit eines jeden einzelnen. Denn jeder Erinnerung geht erst einmal der Abschied voraus. Leider wurde uns in Zeiten der Pandemie selbst diese Möglichkeit teilweise genommen. Gewiss wir haben die Möglichkeit therapeutische Hilfe aufzusuchen, in Form einer Psychotherapie. Oder ähnlichen Formen der seelischen Heilung, wie eine Regression. Für jeden Menschen gilt es die individuell richtige Lösung zu finden, um Trost und Heilung zu erfahren. 

   Krisen kommen und gehen, das ist kein Vergnügen aber die Realität. Eines ist sicher, wir Menschen haben etwas gemeinsam, wir sind darin alle gleich, wir werden geboren, werden erwachsen und begehren geliebt zu werden. Wir werden zu Erwachsenen, die auf der Suche nach Liebe sind. Uns verbindet alle das Bedürfnis nach Liebe. Diese können wir nur durch Mut und Mitgefühl erlangen. Gerade heute ist es wichtiger denn je, für sich aber auch für andere einzustehen. Lassen Sie mich, diesen eher nachdenklich gewordenen Artikel, gleichwohl mit einer Prise Humor beenden. Die diversen aktuellen Beispiele der Pandemie zeigen auf, welche extremen Formen Krisen annehmen. Oder hätten Sie sich jemals vorstellen können, dass Kirchen und Bordelle aus ein und demselben Grund geschlossen werden?

©Amadis Amarrés

Auszug aus meinem Buch: Quellen des Glücks - Frühlingsrausch - Gold Edition


L’Heure exquise - die zauberhafte Stunde

 

 

»Nicht in der Erkenntnis liegt das Glück, sondern 

im Erwerben der Erkenntnis.«

 

Edgar Allan Poe (1809 - 1849)

 

 

Das Pistazieneis

 

Es gibt Augenblicke, kleine Gespräche, die einem die Augen öffnen. Es sind Erkenntnisse, die unsere Sicht auf das eigene Leben gänzlich korrigieren. Dieser Perspektivwechsel verändert somit unser Leben. In Bruchteilen von Sekunden wird etwas klar, was unserer Wahrnehmung über Jahre verborgen blieb. So erging es mir mitten in Paris. An einem gewitterschwülen Sommernachmittag auf der berühmten Place des Vosges. 

   Wie so oft begegnet man an ganz besonderen Orten, ganz besonderen Menschen. Wie an jenem Nachmittag mitten in Paris. Flanierend zog ich den halben Tag schon verträumt durch die Stadt. Es war ein schwüler Sommernachmittag. Meine Beine wurden immer schwerer. Beglückt besorgte ich mir eine große Portion Eis in der Nähe der Place des Vosges. Um mich damit im kühlenden Schatten der Krim Linden auf einer der vielen Parkbänke auszuruhen. Genießerisch begann ich mein Eis zu verspeisen. Da tauchte eine ältere Dame auf, sie kam auf die Bank zu und fragte freundlich, ob ich ihr gestatte, dass sie sich neben mich auf die Bank setze. Weshalb sollte ich dieser sympathischen Dame, mit der für Paris so typischen Eleganz, diesen Wunsch abschlagen?

 

Sie schien wie ich, den erfrischenden Schatten unter den Bäumen auszukosten. Vergnüglich betrachteten wir gemeinsam die ausgelassen spielenden Kinder. Die sich bei den Brunnen am erfrischenden Nass, das aus den Löwenmäulern sprudelte, vergnügten. Unerwartet fing die Dame an sich mit mir zu unterhalten.

   »Ein wahrhaft prächtiger Platz, ich sitze immer wieder gern hier.« 

   »Ja, das ist er Madame, wann immer ich im Marais bin, komme ich her, um etwas Zeit auf einer der Bänke zu verbringen.« 

   »Sie kennen sich hier gut aus?« 

   »Ein wenig, ich bin Tourist wie die meisten um uns.« 

   »Sie sind unser Gast, fühlen sie sich wie zu Hause! Nicht umsonst ist es einer unserer schönsten Plätze. Für mich ist er der Schönste.« Erfreut über dieses unerwartet feine Gespräch, erwiderte ich: »Es ist faszinierend hier zu verweilen, umgeben von all den Häusern mit ihren einst so berühmten Bewohnern.« 

   »Wie schön, aber wissen Sie, es ist viel mehr als nur seine Vergangenheit, die diesen Platz ausmacht.« Vergnügt hörte ich der Dame zu, wie sie ins Schwärmen geriet. Sie sprach über diesen Platz, als handele es sich um eine ihrer großen Lieben.

   »Sie scheinen diesen Ort wirklich sehr zu lieben Madame, stimmts?« 

   »Oh ja, sie haben recht. Dieser Platz mag für manche unscheinbar erscheinen, doch für mich …, für mich herrscht hier eine eigene, eine besondere Magie. Hier kann ich die Vergangenheit atmen hören, wenn man gut hin lauscht. Das ist es, was ich hier fühle und empfinde. Aber erlauben sie mir eine Frage Monsieur?« 

   »Bitte, gern«, antwortete ich, der bezaubernden Dame. 

   »Ich möchte nicht neugierig wirken oder ihnen zu nahe treten. Aber mir fällt auf, sie essen nur zwei Sorten von ihrem Eis. Schmeckt die eine Sorte Eis nicht gut?« 

   Überrascht und zugleich amüsiert schmunzelte ich über die scharfe Beobachtungsgabe der Dame. Ihr war aufgefallen, dass ich zwar das Vanille- und das Schokoladeneis verschlang. Aber das Pistazieneis so gut, wie nicht angerührt hatte. Ich klärte sie über den Grund dafür auf. 

   »Im Gegenteil, das Eis schmeckt ausgezeichnet. Es verhält sich nur so, dass ich mir das Pistazieneis bis zum Schluss aufhebe, da ich es am liebsten mag.« 

   Sie schmunzelte dies billigend, und antwortete darauf nur mit einem Kurzen; »Oh la la!« 

Da ich die Franzosen und ihr Berüchtigtes, »Oh la la« inzwischen besser einschätzen konnte und darum wusste, dass man mit Bedacht darauf hören sollte, wie-, wann- und wo sie es anwenden. Und vor allem mit welcher Betonung. Franzosen kennen Tausende Variationen davon. Die unzähligen Betonungen und Einfärbungen dieses schlichten und kurzen »Oh la la«. Jede einzelne Nuance hatte ihre Bewandtnis und klare Aussage. Sie sind damit im Stande zu loben, zu verachten, abzulehnen oder gar entsetzt zu sein. Dieses unschuldig wirkende »Oh la la«, konnte einen verhöhnen, belächeln aber durchaus auch bewundern, es ist manchmal verwirrend, verunsichernd aber immer exakt auf den Punkt gebracht. Mit einer kleinen Betonung hier und einem kleinen Zögern da. Wenn jemand der Sprache nicht mächtig ist, ist es schier unmöglich, dieses Stimmungsbarometer der Franzosen zutreffend einzuschätzen. So erging es mir in diesem Moment.

Um zu verstehen, was die Dame meinte, hakte ich nach. Denn ihr »Oh la la« beinhaltete eine gewisse Einschränkung, die mir nicht verborgen blieb, doch ich war nicht im Stande sie zu deuten. 

   »Madame darf ich Sie fragen?« 

   »Bitte fragen sie.« 

   »Ihnen scheint an der Art, wie ich mein Eis verspeise etwas zu missfallen. Darf ich erfahren, was der Grund dafür ist?« 

   »Das will ich ihnen gern ausführen Monsieur, es ist ganz einfach. Es steht ihnen bestimmt frei, wie sie ihr Eis verspeisen. Gleichwohl möchte ich sie darauf aufmerksam machen, dass sie darauf achtgeben, dass sie eines fernen Tages nicht mit dem falschen Geschmack im Mund sterben! Un bel après-midi Monsieur, es war schön mit ihnen zu plaudern.«  

   Das hatte gesessen. Bedröppelt wollte ich mich bei der Dame für das anregende Gespräch und ihren wertvollen Ratschlag bedanken. Da sah ich sie bereits aus einem der Park Tore verschwinden. Im selben Moment purzelte mir die stark angeschmolzene Kugel Pistazieneis zu Boden, platsch! »Oh la la«, da lag mein Lieblingseis im Kies. Ich bin danach zwar nicht gestorben, aber auf mein Pistazieneis musste ich heute Nachmittag in der Tat verzichten. Eines hatte mir die reizende und weise Dame zu verstehen gegeben. Blitzartig hatte ich etwas Wesentliches verstanden, man soll die Dinge im Leben in Angriff nehmen, wenn die Zeit dazu da ist, es kann irgendwann dafür zu spät sein. Diese Erkenntnis war die eine Kugel Pistazieneis letztlich wert.                                       

©Amadis Amarrés

 

Auszug aus meinem Buch: Quellen des Glücks - Sommerglück - Gold Edition

Das Seelenatelier

 

 

»Wir müssen auf die Stimme unserer Seele hören, 

wenn wir gesunden wollen!« 

 

Hildegard von Bingen (1098 - 1179)

 

 

 

Ihr Herz hat die Antwort 

 

   Was aktuell an Informationen auf uns niederprasselt, ist alles andere als Nahrung für unsere Seele. Womit uns die Medien von früh bis spät füttern, ist nahezu vollständig belastend oder konsumfördernd und oft nur ablenkend. Es ist, wie man es ausdrücken könnte, Fast Food für unsere Psyche. Dabei will unser Seelenleben vernünftig und gesund ernährt werden. Das Ausmaß, an aktuell weltweit besorgniserregenden Konflikten, belastet unsere Seele. Negative Nachrichten, insbesondere schockierende Kriegsbilder, können unserem Gehirn unter anderem, eine Bedrohungssituation oder zumindest Stress signalisieren. Deshalb ist es wichtig, dass wir unseren Nachrichtenkonsum überdenken. Und wie wir uns mit einem bewussten Medienkonsum dagegen schützen. Was bedeutet, eine Auswahl zu treffen und dafür ein enges Zeitfenster festzulegen. Wir gehen letztlich auch nicht in den Supermarkt und legen wahllos alles in den Warenkorb, was uns gerade in die Hände kommt. Im Gegenzug macht es Sinn, dass wir uns auf positive Nachrichten und Ereignisse konzentrieren. Und uns um unser eigenes Wohlbefinden kümmern. Es ist wichtig, wenn die Seele nicht mehr weiter weiß, dass wir uns selbst schützen und unsere Seele pflegen. Dies, um gesund und glücklich zu bleiben.

 

   Die Rede ist von Herzensfragen. Es sind Fragen, die tiefgreifend und persönlich sind und meist mit unseren innersten Gefühlen und Überzeugungen verbunden sind. Es betrifft solche Fragen, die unser Herz berühren und damit ehrliche und emotionale Antworten verlangen. Herzensfragen beziehen sich auf vielfältige Lebensbereiche, wie Beziehungen, Werte, Träume oder Lebensziele. Herzensfragen sind nicht selten von großer Bedeutung für uns, und können dazu dienen, tiefe Gespräche und Verbindungen mit uns selbst und unserer Seele zu ermöglichen.

   Über die sozialen Medien und ihren Einfluss haben wir schon ausgiebig gesprochen. Wir denken, wir haben es eigentlich unter Kontrolle, was wir davon an uns heranlassen. In Wahrheit wird es hingegen immer komplizierter, sich Informationen belastender Art zu entziehen. Dies ist vielfach mit ein Grund, weswegen wir auf die einfachsten Fragen, die uns selbst und unser Leben betreffen, keine Antworten finden. Wie auch, wir haben und nehmen uns nicht einmal den Raum dafür, solche Überlegungen anzustellen. Wir sind zu sehr äußerem Druck ausgesetzt. Und damit gänzlich abgelenkt vom wesentlichen, unserem eigenen Leben. Dennoch gibt es einige wichtige Fragen, Geschehen und Situationen im Leben, die wir mit unserem Herzen beantworten sollten. Gewiss wir sind es gewohnt solche Fragen mit unserer Vertrauensperson zu beraten. Dies sind, die Partnerin, der Partner, die beste Freundin, unser bester Freund. Mit den Vorgesetzten, den Lehrern, einem Arzt, einer Psychologin, der Doktormutter bzw. dem Doktorvater, einem Priester, einem Medium, einer Astrologin oder vergleichbaren Bezugspersonen. Auf einige Fragen hingegen, können wir nur in unserem Herzen Antworten finden. Es mag sein, dass all die genannten Personen uns immer wieder wertvolle Ratschläge oder Hinweise liefern. Und uns damit behilflich sind auf der Suche nach Antworten. Anders sieht es dagegen bei Herzensfragen aus. Wenn andere auf solche Fragen Antworten hätten, wären diese Antworten für uns schlicht bedeutungslos. Oder Sie hören sich hinterher sagen; »hätte ich bloß auf mein Herz, oder meinen Bauch gehört«. Manche Angelegenheiten sind eben sogenannte Herzensangelegenheiten.

   Weshalb ist das so? Die Antwort darauf ist einfach. Wir allein sind mit unserem Herzen und unserer Seele verbunden, einen direkteren Kontakt gibt es nicht. Es mag sein, dass einzelne verlernt haben auf Ihr Herz zu hören, weil andere Geräusche um sie herum lauter oder zu laut sind. Oder der Alltag und die Terminplanung, keine Zeit für solche Gedankengänge zulassen. Ein Manko, das sich erst hinterher oft als fatal erweist.

   In meiner Praxis beginnt eine Beratung häufig mit einer Frage der Klientin. In den meisten Fällen ist es die für sie vordergründige und wichtigste Frage zu diesem Zeitpunkt. Bevor ich die Frage mit meiner medialen Technik beantworte, stelle ich ausnahmsweise meist eine Gegenfrage. Was sagt Ihnen Ihr Herz, was haben Sie für eine Antwort für sich gefunden? Wie es sich später herausstellt, steckt in den meisten Antworten der richtige Entscheid. Weil es eben ein Herzensentscheid ist. Meine Antwort benötigt die Klientin meist nur um sich in Ihrem Entscheid bestätigt zu fühlen.

De facto können wir uns mit jeder Menge angeeignetem Wissen und Erfahrungen rüsten, und finden in all dem keine vernünftigen Antworten. Weshalb? Weil Herzensentscheide manchmal sehr unvernünftige und dennoch ganz richtige Entscheide sind. Mit Verstand und Vernunft lassen sich gute Geschäfte tätigen, und bestimmte Regeln erstellen. Aber keineswegs Probleme in Herzensangelegenheiten lösen. Dies ist mit ein Grund, weshalb rationale Menschen insbesondere mit solchen Fragen hadern und damit oft überfordert sind. Womöglich unterlagen Sie lange dem Irrtum, dass andere Ihnen, in Lebensfragen, die besten Antworten liefern und sie darüber aufklären können. Für viele Lebensfragen ist dies mit Sicherheit eine gute Variante, die aber in Herzensfragen nicht allzu hilfreich ist. Einige nutzen dazu die Stille eines Klosters, dies um ihrer inneren Stimme zu lauschen. Andere gehen auf große Reise, um in der Ferne Lösungen und Antworten zu entdecken. Manche gehen einen Pilgerweg, um Antworten zu finden oder zu erhalten. Trotzdem ist es wie eine Flucht vor dem eigenen Leben. Eines steht fest, sie werden den Fragen ihres Lebens nie entkommen. Denn Sie haben Ihr Leben und die damit verbundenen Probleme, Schmerzen und Erlebnisse immer mit dabei, wohin Sie damit auch flüchten. Bis zu jenem Zeitpunkt, in dem Sie auf Antworten stoßen. Und Ihre Fragen endlich für sich beantworten können. Oder Sie manche Fragen gar nicht mehr stellen mögen, weil sie Ihnen unwichtig geworden sind. Dann gibt es noch jene Fragen, die sich mit der Zeit durch Erkenntnis von selbst beantworten. 

Ihre Antworten finden Sie überall da, wo sie nicht vom Alltag abgelenkt werden. Befragen Sie doch noch heute Ihr Herz nach jenen Dingen, für die es keine Antworten zu geben scheint. Hören Sie auf Ihre intimste, stillste, aber kraftvollste und ehrlichste Stimme, die Stimme Ihres Herzens, oder wenn Sie lieber mögen, die Stimme Ihrer Seele, nur Mut!

 

                                 ©Amadis Amarrés

 

Auszug aus meinem Buch: Quellen des Glücks - Herbstglühen - Gold Edition


Das Seelenatelier

 

 

»Der Anteil des Unbewussten in unseren Handlungen ist ungeheuer 

und der Anteil der Vernunft sehr klein.« 

 

Gustave Le Bon (1841 - 1931) 

 

 

 

Die Seele hat keine App

 

   Es ist für mich beeindruckend welche Reaktionen es bei einigen Klientinnen zuweilen auslöst. Wenn sie im Verlaufe eines Beratungsgesprächs die Entdeckung machen, wie Ihr eigenes Unterbewusstsein sie manches Mal beherrscht. Wie es Ihre Vorstellungen, ihre Ansichten und ihre Absichten, ihr Leben teilweise dominiert und regiert! Wenn sie verstehen, dass es zwecklos ist, seinem Leben seinen Willen aufzuzwingen. Wenn sie feststellen, dass sie sich damit häufig selbst manipulieren. Dann ist es einleuchtend, wenn wir mit dieser Einsicht klugerweise nach neuen Möglichkeiten suchen. Um gütlich zum Ziel zu gelangen. Es ist zwecklos, sich selbst zu bekämpfen. Wenn es heißt Wille versus Seele, werden wir einen solchen Kampf am Ende immer verlieren! Es triumphiert, wie die über alle Massen strapazierte Floskel besagt, »am Ende des Tages«, die Seele.

 

   Dies kann eine ganze Weile, gelegentlich sogar Jahre gut gehen. Zumindest möchten wir dies gern glauben. Wenn wir fremden Ideen, fremden Idealen hinterherrennen, ist es möglich, zwischendurch den einen oder anderen Sieg zu erringen, aber zu welchem Preis? Gemeint sind damit Ideen und Ideale, die für einen anderen Menschen vielleicht richtig und stimmig sind. Aber nicht für uns und unser Leben einfach übernommen werden können. Das interessante dabei ist, dass wir dieses Verhalten in allen Lebenslagen immer wieder antreffen. Angefangen bei dem, was wir im Leben erreichen oder tun möchten. Verschiedentlich höre und erlebe ich, dass selbst Beziehungen nach diesem Prinzip konstruiert und gelebt werden. Oft aus Gewohnheit. Manches Mal aus Mitleid. Nicht selten durch den Druck der Gesellschaft. Teils erschreckenderweise auch aus finanziellen Gründen.

   Die Einschränkungen fangen schon in unserer Kindheit an. Werden Kinderwünsche als solche wahrgenommen. Werden sie ernst genommen von den Eltern. Oder lassen Eltern lieber ihre eigenen unerfüllten Jugendträume und Wünsche von Ihren Kindern realisieren. Dies auf deren Rücken. Werden in den Schulen die Kinder in gewisse Richtungen eskortiert, oder gibt man ihnen die Freiheit sich zu entwickeln. Und die Möglichkeit, sich selbst zu entdecken, worauf sie Lust haben. Welche Themen sie spannend finden für ihr Leben. Wie steht es generell mit der Ausbildung. Haben alle Jugendlichen die Möglichkeit zu studieren, wenn sie dies möchten. Und möchten alle Jugendlichen studieren, die studieren müssen. Oder weil es ihre Eltern so wollen. Die Berufswahl ist ein ähnlich trauriges Thema. Hinzu kommt eine heute vorherrschende Überlegung. Welches Einkommen generiere ich damit später. Ob die Wahl der Ausbildung, des Berufs oder der Lebensaufgabe jene Kinder, und damit später den Erwachsenen mit jener Entscheidung einst glücklich macht. Solche Fragen sind nur allzu oft irrelevant. Ist es bedeutungslos dereinst glücklich und zufrieden zu sein. Derart formulierte Überlegungen, davon ist selten bis gar nie die Rede, weshalb auch. Hauptsache die Kohle stimmt. Welchen Lebensstandard erhält man damit und welches Ansehen. Wenn ein Jugendlicher zu einem Beruf nahezu genötigt wird, was wird wohl für eine Berufsfrau oder ein Berufsmann daraus werden? Wie lang werden solche Arbeitstage sein?

   Jemand, der sein Studium, seinen Beruf aus Leidenschaft und Spaß betreibt. Wird die Ausbildung eher mit Leichtigkeit bewältigen und es weit bringen. Manchmal haben wir vielleicht auch falsche Vorstellungen von einem Beruf. Bisweilen sollte man sich ausprobieren können. Um zu verstehen, dass man auf dem falschen Weg ist. Nicht alles lässt sich aus der Theorie heraus erfahren. So manch erfolgreiche Frau und so manch angesehener Mann, hatte in seiner Karriere die Chance, sich auszuprobieren. Denn genau dieses zurückgelegte Stück »falschen Weges« wird uns dabei behilflich sein, den richtigen Weg zu finden und zu gehen. Gewiss sprechen wir hier nicht von den Anstrengungen, die es zu überwinden gilt, um bewusst gewählte und selbstgesetzte Ziele zu erreichen. Ziele, die aus Herzentscheiden heraus getroffen wurden.

   Weshalb muss man sich in einer Ehe erst auseinanderleben. Um zu verstehen, dass etwas dafür getan werden muss? Weshalb leben manche Menschen ein Leben lang in Zwiespalt miteinander. Sie bekämpfen sich tagtäglich, statt der Mühsal endlich ein entschlossenes, selbstbestimmtes Ende zu setzen. In der Mehrzahl der Fälle aus Angst vor den nötigen Schritten. Und den damit verbundenen Konsequenzen und Veränderungen. Über die Angst vor unseren Wünschen haben wir bereits gesprochen. Vieles wurde uns anerzogen und gebetsmühlenartig in uns hinein suggeriert. Sodass wir es irgendwann nicht nur glauben. Sondern es tief in unserem Unterbewusstsein verankert ist. Um es bildhaft zu beschreiben. Es gilt regelrechte Ankerketten zu durchtrennen. Ein erster und wichtiger Schritt ist, die Situation als solche zu erkennen und anzunehmen. Erst wenn wir wissen, womit wir es zu tun haben, können wir die richtigen Maßnahmen ergreifen. Um eine erdenklich andere Richtung einzuschlagen. Wie kämpft man gegen die berüchtigten Windmühlen, in unserem Unterbewusstsein? Denn nicht alle sind zum Don Quijote geboren.

   Bekanntlich führen viele Wege zum Ziel. Wichtig ist dabei, die für Sie stimmige Hilfe oder Lösung zu finden. Eine psychologische Gesprächstherapie ist eine Variante. Manche arbeiten wiederum mit Mantras, die sie »gebetsmühlenartig« wiederholen. In meiner Praxis wiederum empfehle ich, wenn es für die Klientin stimmig ist, manchmal eine Regression aber längst nicht immer. Eine Regression oder Rückführung ist eine Methode oder besser Technik, die die alten eingebrannten Muster im Unterbewusstsein wieder auflösen kann. Leider ist in unseren Breitengraden diese Methode noch nicht so bekannt und gebräuchlich. Ein Umstand, den ich gern ändern möchte. Weshalb, die Methode benötigt gemessen an den Problemen, ein Minimum an Aufwand. Gerade in der heutigen Zeit, in der Termine bei Psychotherapeutinnen Mangelware sind. Nichtsdestoweniger mache ich die Erfahrung, dass daraus vorwiegend, erstaunlich gute, lösende und dauerhafte (lebenslange) Ergebnisse entstehen. 

   Woran mag es liegen, dass einige von uns solche Mühe haben, in jeglicher Hinsicht nach ihrem freien Willen zu handeln und zu leben. Um freie Entscheide für sich zu treffen. Weil wir nichts anderes gewohnt sind. Die Gewohnheit und unser Wille sind manchmal ein Biest. Wir müssen einfach wieder lernen, mit dem Biest zu tanzen, wie ein Kind!

 

                                 ©Amadis Amarrés

 

Auszug aus meinem Buch: Quellen des Glücks - Winterzauber - Gold Edition